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Die Geschichte der Jugendfarmen und Aktivspielplätze

Schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stellte ein aufgeschlossener dänischer Landschaftsarchitekt namens Carl  Theodor Sørensen fest, dass sich Kinder ab einem bestimmten Alter lieber auf wilden Brachflächen aufhalten und ihre eigene Spielwelt konstruieren, als sich auf fertig möblierten Spielplätzen aufzuhalten. Er forderte folgerichtig die Einrichtung sogenannter Krempelspielplätze (Skramellegepladsen). 1943 wurde auf seine Initiative hin der erste Platz dieser Art im Kopenhagener Stadtteil Emdrup eingerichtet.

Zunehmende Einschränkung von Entdeckungs- und Erlebnisräumen sowie Erwerbstätigkeit beider Elternteile in vielen Familien waren schon damals wichtige Beweggründe, den Kindern und Jugendlichen entsprechende Spielräume zu eröffnen. Hinzu kamen die Gefahren, die Kindern und Jugendlichen durch zunehmenden motorisierten Individualverkehr drohten.

Die Idee fand schnell in anderen Ländern Anklang. In England wurde Lady Allen of Hurtwood eine engagierte Verfechterin des Spielplatzgedankens. Es entstanden dort die ersten „adventure playgrounds“. Auch in der Schweiz wurden bereits in den 50er Jahren ähnliche Einrichtungen gegründet, die sogenannten „Robinsonspielplätze“. Pädagogische Farmprojekte für Kinder waren in den Niederlanden ebenfalls schon seit den 50er Jahren bekannt.

Deutschland war zu dieser Zeit noch stärker von Krieg und Wiederaufbau geprägt. Hier fasste die Idee einer Aktivspielplatz-Pädagogik erst in den 60er Jahren Fuß. Etwa zeitgleich entstanden der erste Abenteuerspielplatz in Berlin und die erste Jugendfarm in Stuttgart. Während die Initiative von Ilse Reichel in Berlin sich an englischen Vorbildern orientierte, entwickelte sich die Jugendfarm in Stuttgart eher urwüchsig aus den konkreten Interessen der Kinder und Jugendlichen in der Nachbarschaft und war in besonderer Weise ökologischen Prinzipien verpflichtet. Durch das Wirken von Thyra und Edgar Boehm entstanden bald weitere Farmprojekte im Stuttgarter Raum und 1972 wurde dort auch der „Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V.“ als bundesweit tätiger Verband gegründet. Auf Initiative des dänischen Spielplatzverbandes hatte sich mittlerweile auch ein internationaler Verband für das Recht des Kindes auf Spiel (IPA) entwickelt.

Während der ersten Blütezeit in den siebziger Jahren etablierten sich unter verschiedenen Namen, aber mit ähnlichem Konzept, in vielen Städten der Bundesrepublik pädagogisch betreute Spielplätze. Sie wurden „Bauspielplatz“, „Abenteuerspielplatz“, „Robinsonspielplatz“, „Spielpark“, „Aktivspielplatz“, „Kinder- und Jugendfarm“ oder „Kinderbauernhof“ genannt.

Ende der 70er wurde es in der Bundesrepublik etwas ruhiger um die Aktivspielplätze. Mit der Gründung der ersten Kinderbauernhöfe in Berlin 1981 und später, bedingt durch den Fall der Mauer, erlebte die Bewegung einen neuen Aufschwung. Wesentlich getragen von der ehemaligen Spielwagen-Szene der DDR entstanden auch in Ostberlin und in den neuen Bundesländern die ersten pädagogisch betreuten Spielplätze. Die Anzahl der in den Bundesländern insgesamt tätigen Einrichtungen wird inzwischen auf über 900 gezählt (Stand: 2019). Im Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V. sind derzeit über 180 freie Träger organisiert.

Ebenfalls in den 80er Jahren kam es zu einem europaweiten Zusammenschluss von nationalen Verbänden in der European Federation of City Farms (EFCF), den der Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V. initiiert hat, dem er seit seiner Gründung angehört und den er maßgeblich (ehrenamtlich) mitgestaltet. Im November 1989 organisierte der BdJA die erste europäische Tagung der EFCF in Stuttgart. Diese Tagungen finden seitdem im jährlichen Rhytmus in jeweils einem der Mitgliedsländer statt. 

Was pädagogisch betreute Spielplätze ausmacht.

Jugendfarmen und Aktivspielplätze sind pädagogisch betreute Spielplätze, die vor allem Angebote für Kinder und Jugendliche im Schulalter machen – junge Menschen, die ein hohes Maß an Bewegungsbedürfnis, Erlebnishunger und Neugier mitbringen.

Die Vielfalt an Erfahrungsbereichen und Gestaltungsmöglichkeiten stellt einen zentralen Aspekt der pädagogisch betreuten Spielplätze dar. Sie unterscheidet pädagogisch betreute Spielplätze sowohl von konventionellen Spielplätzen als auch von anderen Freizeitangeboten. Deshalb wurden sie bereits im 10. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung als am ehesten kindgemäße Betreuungsangebote bezeichnet.

Die Erfahrungsbereiche solcher Einrichtungen lassen sich in der Praxis nicht streng voneinander trennen sondern ergänzen und bedingen sich gegenseitig: Im Werkbereich werden Behausungen für Kleintiere gezimmert, der Tiermist wandert in den Gartenbereich, dort wiederum wird Futter für die Tiere angebaut und soziale Kontakte entfalten sich ohnehin „querbeet“.

Pädagogisch betreute Spielplätze sind in der Regel ganzjährig – oft sogar am Wochenende – geöffnet. Der Besuch ist für die Kinder und Jugendliche kostenfrei. Sie müssen sich nicht anmelden und können selbst entscheiden, wann, wie oft und wie lange sie den Platz besuchen wollen.