Handlungskonzepte der Arbeit auf pädagogisch betreuten Spielplätzen

Das Prinzip der Offenheit bedeutet Freiwilligkeit des Besuchs und der Teilnahme an allen Angeboten und Maßnahmen. Es bedeutet Kostenfreiheit und die berwiegende Arbeit mit offenen Gruppen sowie die räumliche Zugänglichkeit und Verfügbarkeit für alle jungen Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Identität, Religion, Nationalität, individuellen Fähigkeiten, sozialer oder ethnischer Herkunft oder finanziellen Möglichkeiten. Das bedeutet auch Offenheit für neue und andere Ideen und Vorgehensweisen sowie für alternative Handlungs- und Erfahrungsmöglichkeiten. Kulturelle, weltanschauliche und politische Ungebundenheit sind daher vorausgesetzt.

Pädagogisch betreute Spielplätze sind Orte, die nicht nur für Kinder und Jugendliche gestaltet wurden, sondern auch von ihnen. Es ist daher Aufgabe der Träger und Mitarbeitenden, angemessene und echte Formen der Partizipation zu pflegen. Das Prinzip der Partizipation geht davon aus, dass sich Kinder und Jugendliche hier an der Gestaltung ihrer Lebenswelt aktiv beteiligen können, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben wird, Mitbestimmung zu erproben, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, zu organisieren, und Verantwortung zu übernehmen (Thole 2000, S. 260). Partizipation bietet ein Lernfeld der Einübung demokratischen Handelns (IfE/IRIS 2004, S. 91). Es sind Elemente wie Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitgestaltung, die auch Eigenverwaltung, Mündigkeit, Interesse, Engagement, Identifikation und Selbstvertrauen fördern; sie machen zudem Regelwerke, Abläufe und Entscheidungen transparent. Die Veränderbarkeit und Vielseitigkeit der Einrichtung ist eine zentrale Voraussetzung für Partizipation.

Kinder und Jugendliche brauchen Gelegenheiten, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen. Sie brauchen Freiräume, um sich ausgiebig zu bewegen, und Lebensräume, um miteinander Erfahrungen zu machen. Betreute Spielplätze bieten diese Handlungs- und Spielräume im weitesten Sinne. Hier können sich Kinder und Jugendliche überwiegend selbstbestimmt und selbsttätig entdecken, erleben, ausprobieren und entwickeln – in einem Freiraum, in dem sie nicht unter permanenter Kontrolle durch Erwachsene stehen. Kinder und Jugendliche können für sich sein, werden aber nicht alleingelassen.

In einer Zeit zunehmender Unübersichtlichkeit und fehlender Orientierungen benötigen Kinder und Jugendliche andere Menschen, die als Vorbilder oder als Reibungsfläche, vor allem aber als authentisches Gegenüber präsent sind (Müller 1995). Pädagogische Fachkräfte stellen sich in dieser Rolle zur Verfügung. Sie akzeptieren Kinder und Jugendliche in ihrer Selbstständigkeit und sehen sie gleichzeitig in ihrer Bedürftigkeit. Durch das Prinzip der Offenheit haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, selbst Art, Nähe und Dauer des Kontakts sowie die Intensität und Offenheit der Beziehung zu Mitarbeitenden zu bestimmen.

Das Handeln der Mitarbeitenden ist von Parteilichkeit und Anwaltschaft für Kinder und Jugendliche geprägt (Deinet et al. 2002). Das bedeutet auch, sich auf der politischen Ebene aktiv in die Sozial- und Jugendhilfeplanung einzumischen, die Interessen und Anliegen der Kinder und Jugendlichen dort zur Sprache zu bringen und diese auch zu motivieren, ihre Interessen selbst öffentlich zu vertreten (Thole 2000, S. 292).

Pädagogisch betreute Spielplätze sind Lernorte und betonen ganzheitliches Lernen, das neben den traditionell privilegierten kognitiv-intellektuellen Aspekten auch körperliche sowie affektiv-emotionale Aspekte gleichwertig berücksichtigt. Ganzheitliches Lernen ist Lernen mit allen Sinnen: Lernen mit Verstand, Geist und Körper. Im Ergebnis sollen Kopf, Herz und Hand, also kognitives, affektives, sozial-emotionales und psychomotorisches Lernen in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden (Kuhlemann & Brühlmeier 2002). Die naturbelassenen betreuten Spielplätze, verbunden mit vielfältigen Bewegungsanreizen und handwerklichen Tätigkeiten, werden diesem Anspruch in besonderer Weise gerecht.

Mit den Prinzipien der Lebensweltorientierung und der Sozialraumorientierung greifen die pädagogisch betreuten Spielplätze die unmittelbaren Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen auf. Ressourcen im Alltag, Orte oder Räume, die für Kinder und Jugendliche von Bedeutung sind oder sein können, sowie familiäre Hintergründe werden in die Arbeit mit einbezogen. Perspektiven, Wertungen und Sinnzuschreibungen der Kinder und Jugendlichen dienen als Grundlage und Ausgangspunkt der Arbeit (Thiersch 2005).

Geschlechtergerechtigkeit und sexuelle Identität Die offenen Strukturen der pädagogisch betreuten Spielplätze sind geeignet, um Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern und Benachteiligungen abzubauen.

Kinder und Jugendliche werden bei der zentralen Aufgabe, eine Geschlechtsidentität zu entwickeln, unterstützt (Möller & Berith 1998). Pädagogisch betreute Spielplätze sind als wichtiger Lebensbereich von Jungen und Mädchen nicht genderspezifisch geprägt. Geschlechtergerechtigkeit ist ein Querschnittsziel aller Angebote. Daher sind alle Angebote immer koedukativ konzipiert. Bei der gemeinsamen Teilnahme an Angeboten werden Geschlechterstereotypen und tradierte Geschlechterrollen nicht unreflektiert reproduziert, sondern bewusst aufgebrochen, hinterfragt und diskutiert. Durch das Schaffen eines offenen, toleranten Klimas im Gespräch und im täglichen Miteinander werden Mädchen und Jungen bei der Findung einer individuellen Geschlechtsidentität unterstützt und in ihrer Individualität bestärkt. Die Förderung der Akzeptanz sexueller Vielfalt gehört ebenso zum Selbstverständnis der pädagogischen Arbeit wie die direkte Intervention bei übergriffigem Verhalten oder Diskriminierungen.

Pädagogisch betreute Spielplätze verstehen Nachhaltigkeit als Verbindung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. Umweltbildung wird konkret erfahrbar bei Projekten zu gesunder Ernährung oder dem Erleben von natürlichen Kreisläufen. Wenn der Mist der Kleintiere und Gartenabfälle zu Kompost und zu Erde werden, die wiederum als Grundlage für Gartenbeete zum Säen und Ernten dient, können Kinder und Jugendliche unter pädagogischer Anleitung ein Grundwissen über ökologische Kreisläufe erarbeiten.

Die Verarbeitung von Naturprodukten aus der Tier- und Pflanzenwelt ermöglicht die Erfahrung der Selbstwirksamkeit und stärkt die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Umwelt. Gemüse anbauen und verarbeiten, die Wolle der Schafe waschen, färben, spinnen; die Milch zu Butter und Käse verarbeiten, Brotbacken und zahlreiche handwerkliche Tätigkeiten wie Schnitzen, Schmieden oder Tischlern ermöglichen eine Auseinandersetzung mit den Produkten, die uns im Alltag umgeben. Das Gespräch untereinander und mit den Pädagog*innen ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den Fragen gesunder Ernährung, artgerechter Tierhaltung, Konsum, Müllvermeidung und den ökologischen Folgen unseres Handelns.

Die tiergestützte Pädagogik nutzt die positive und einmalige Wirkung der Tiere in pädagogischen Prozessen. Die Arbeit mit Tieren dient der Verbesserung der sozialen und emotionalen Kompetenz von Kindern und Jugendlichen. Tiere als direkte und ehrliche Kommunikationspartner helfen bei der Persönlichkeitsbildung. Physische Wirkungen, wie die Schulung der Motorik und des Körpergefühls, oder psychische Wirkungen, wie die Stärkung des Selbstbewusstseins und die Entwicklung eines realistischen Selbstbildes, sowie soziale Wirkungen, wie die Förderung eines positiven Kontakts zu anderen Lebewesen und das Erlernen von Verantwortung und sozialen Kompetenzen, können durch den Kontakt zum Tier erzielt werden (Wiedemann 2011).

Das Setting pädagogisch betreuter Spielplätze bietet viele Möglichkeiten, sprachliche und körperliche Formen der Beeinträchtigung zu überwinden. Hierbei sind eine fachliche Qualifikation des Personals und eine angemessene personelle Kapazität wichtige Grundlagen für gelingende inklusive Prozesse. Auf Bundesebene werden im Fachverband BdJA im Rahmen des Projekts Spielfalt Handlungskonzepte für inklusive Arbeit auf Jugendfarmen und Aktivspielplätzen entwickelt (BdJA 2019). Handlungsleitend für die pädagogische Arbeit ist die Haltung, dass allen Kindern und Jugendlichen, die diese Einrichtungen besuchen und deren Angebote wahrnehmen möchten, dies ermöglicht wird. Die UN-Menschenrechtscharta und die UN-Behindertenrechtskonvention geben hierfür die maßgeblichen Orientierungsgrundlagen (BdJA 2017).